Die gesetzliche Erbfolge


Wenn ein Mensch stirbt, gibt es einen Nachlass. Denn der Verstorbene hinterlässt Hausratsgegenstände, Barvermögen, Schmuck, ein Haus, ein Auto, vielleicht einen Betrieb oder auch Schulden.

Der Tote muss beerdigt werden, die Wohnung muss gekündigt und geräumt werden, Versicherungsverträge müssen beendet werden, Telefon und Zeitung müssen abgemeldet werden und vieles mehr.


Wer kümmert sich um alles, wenn kein Testament da ist? Dann tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Denn einen Erben gibt es immer. Wenn keine Verwandten mehr da sind, dann erbt der Fiskus.


Die gesetzlichen Erben sind in verschiedene Ordnungen eingeteilt. Es gibt Erben 1. Ordnung, das sind die Abkömmlinge des Verstorbenen, also die Kinder, Enkel, Urenkel, etc.


Zu den Erben 2. Ordnung gehören die Eltern und Geschwister des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, also Nichten, Neffen, etc. 


Zu den Erben 3. Ordnung gehören die Großeltern und deren Abkömmlinge, also Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins, etc.

Dann gibt es auch noch Erben 4. und 5. Ordnung nach dem gleichen Muster, also Urgroßeltern, Ururgroßeltern und deren jeweiligen Abkömmlinge. 


Die Erben einer höheren Ordnung schließen die Erben einer niedrigeren Ordnung aus. Und es wird nach Stämmen und Linien vererbt. Ab der vierten Ordnung gilt das Gradualsystem. Die Zahl der vermittelnden Geburten bestimmt den Erben.

Wer am nächsten verwandt ist, soll Erbe werden.


Ein Beispiel für Erben 1. Ordnung: Rudi Meier stirbt 3 Jahre nach seiner Ehefrau, die zusammen mit der gemeinsamen Tochter Jenny bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen war. Er hinterlässt 2 Söhne, Rudolf und Karl, beide verheiratet, Karl hat 4 Kinder.

Welche Rechte können der Ehemann von Jenny und dessen beiden Töchter aus der Ehe geltend machen? 

Lösung: Rudi hatte 3 Kinder, deshalb gibt es drei Stämme. Die Söhne Rudolf und Karl erben je 1/3, die beiden Töchter von Jenny je 1/6, Jennys Mann ist nicht Erbe. Auch die Kinder von Karl erben nichts, denn Karl „repräsentiert“ den Stamm.


Beispiel für Erben 2. Ordnung: Die verwitwete Erika stirbt kinderlos. Es leben noch ihre Mutter und die Schwestern Doris, Ruth und Nellie. Erikas verstorbener Bruder Heiner hatte zwei Söhne, die wissen wollen, ob sie etwas von der Tante Erika erben.

Lösung: Es gibt 2 Linien, die Mutter von Erika erbt 1/2, der Anteil des verstorbenen Vaters (2. Linie) wird an die Abkömmlinge weitergereicht. Deshalb erben die Schwestern Doris, Ruth und Nellie je 1/8, die beiden Söhne des verstorbenen Bruders Heiner je 1/16, sie gehören zum 4. Stamm der 2. Linie.


Die Ehepartner des oder der Verstorbenen tauchen in diesen Ordnungen nicht auf. Für sie gilt ein Sondererbrecht. Neben Erben 1. Ordnung erben sie mindestens 1/4, neben Erben 2. Ordnung 1/2 und neben Großeltern mindestens 1/2. Leben keine Großeltern mehr und keine Verwandten der 1. und 2. Ordnung, so erbt der Ehepartner allein.

Haben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, so erhöht sich der Erbteil des Ehepartners um 1/4. Das ist eine pauschale Regelung des Zugewinnausgleichs. Der Ehepartner kann auch den realen Zugewinnausgleich verlangen, wenn er sich dadurch besser gestellt glaubt. Dann muss er die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen.


Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehepartner, die Eltern und die Abkömmlinge (Erben 1. Ordnung) des Verstorbenen. 

Also eine ganz schön komplizierte Rechnerei und manchmal weiß man ja auch gar nicht, was an Vermögen oder Schulden im Nachlass steckt.

Um die Erbschaft auszuschlagen, bleibt dem potenziellen Erben aber nur eine kurze Zeit von 6 Wochen.

Deshalb ist es in den meisten Fällen nicht verkehrt, wenn man durch ein Testament die Dinge einfacher und frühzeitig regelt.