Das Haustier als Erbe

 

Kann mein Haustier Erbe werden? Klare Antwort: Nein! Das mag verwundern, weil man doch so viele Zeitungsberichte liest über Lagerfelds Katze, über Moshammers Daisy. Richtig ist aber, dass man dem Haustier indirekt Gutes tun kann. Aber warum und wie?

 

Bei der Frage nach dem Warum stoßen wir auf Grundprinzipien des deutschen Erbrechts. Warum ist überhaupt gesetzlich geregelt, wer wann und warum Erbe werden kann? Mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch sollten die Rechtsordnungen in den einzelnen deutschen Landesteilen vereinheitlicht werden. Man wollte Rechtssicherheit und klare Verhältnisse schaffen. Deshalb hat man auch das Erbrecht geregelt.

 

  1. Universalnachfolge

Wenn ein Mensch stirbt, kann man ihn nicht mehr fragen, wie er sich seine Vermögensnachfolge vorstellt. Hat der Verstorbene seine Vermögensnachfolge nicht schon zu Lebzeiten geregelt, muss es erbrechtliche Regelungen geben und es soll keine Unsicherheit entstehen. Deshalb besteht ein Grundsatz des deutschen Erbrechts darin, dass der oder die Erbe(n) des Verstorbenen in der Sekunde des Todes alle rechtlichen und vermögenswerten Positionen übernehmen, quasi in seine Fußstapfen treten. Das Vermögen des Verstorbenen ist jetzt Vermögen des oder der Erben. Gleiches gilt für Schulden. Auch alle übrigen Rechte und Pflichten (mit Ausnahme von familiären Bindungen gehen ohne Unterbrechung auf den oder die Erben über.

 

  1. Erbfolge

Dabei spielt es keine Rolle, ob man schon weiß, wer Erbe wird. Auch der oder die Erben müssen nicht wissen, ob sie Erbe geworden sind. Sie sind es einfach. Natürlich müssen sich die Erben das nicht gefallen lassen. Vielleicht wollen sie mit dem Verstorbenen nichts zu tun haben. Sie wollen schon gar nicht Schulden übernehmen müssen. Deswegen kann man sich aus dem Automatismus retten, in dem man das Erbe ausschlägt. Dazu muss man Fristen beachten. Wenn man nicht ausschlägt, ist man Erbe und zwar von Anfang an. Es ist also nicht so wie manche Filmszenen vermuten lassen, dass man erst vom Notar erfahren muss, dass man Erbe werden kann und dann das Erbe annehmen muss. „Ich nehme das Erbe an“, kommt bei uns kaum vor. Bei uns ist es genau anders herum: Man muss sich melden, wenn man nicht Erbe sein will. Man muss das Erbe also ausschlagen. Und dabei sind Formen und Fristen zu beachten.

 

Tipp:

Allzu oft wird ohne ausreichende Kenntnis vom Vermögen des oder der Verstorbenen das Erbe ausgeschlagen. Und die juristische Literatur und die Gerichte beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit der Thematik der Anfechtung einer Ausschlagungserklärung. In unserer Erbpraxis raten wir immer von einer Ausschlagung ab. Es gibt auch andere Möglichkeiten die Haftung des Erben für Schulden des Verstorbenen zu begrenzen. In den seltensten Fällen stirbt ein Mensch „nackt unter der Brücke“. Da gab es schon manche positive Überraschung. Die Nachkriegsgeneration lebte bescheiden, trotz manch kleinen Vermögens! Und wenn der Nachlass tatsächlich überschuldet ist, müssen nach meiner Ausschlagung auch meine Kinder und Enkelkinder, meine Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen, Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins und und und, das Erbe beim zuständigen Nachlassgericht ausschlagen. Das verursacht Kosten, Ärger und Stress.

 

  1. Der Erbschein

Also: Erbe wird man ohne weiteres Zutun und ohne, dass man davon weiß. Und man wird es in der Sekunde des Todes. Es gibt also keinen Schwebezustand, jedenfalls nicht was das Vermögen, die Schulden oder die Rechte und Pflichten angeht. Ein Schwebezustand besteht allerdings bezüglich der Frage, wer denn nun Rechtsnachfolger ist oder die Rechtsnachfolger sind. Und dieser Schwebezustand wird durch den Erbschein beendet. Mit dem Erbschein kann man nachweisen, wer Erbe geworden ist.

 

Eine Einschränkung: Auch ein Erbschein weist nur aus, wen das Nachlassgericht momentan als Erben ansieht. Denn es können sich ja im Nachhinein Änderungen ergeben: Vielleicht wird das Testament wirksam angefochten, vielleicht taucht ein bislang unbekanntes leibliches Kind des Verstorbenen auf oder es wird eine Ausschlagung wirksam angefochten.

 

Deshalb: Der Erbschein ist nur ein vorläufiges Dokument zum Nachweis der Erbenstellung.

 

  1. Erbfähigkeit

Was hat das jetzt alles mit dem Haustier zu tun?

Wenn der oder die Erbe(n) in der Sekunde des Todes die Rechte und Pflichten des Erblassers übernehmen, muss der oder die Erbe(n) auch in der Lage sein, Inhaber oder Träger solcher Rechte und Pflichten zu sein. Das können Tiere nicht.

 

Einfaches Beispiel:

Ihr Dackel Waldi wird niemals Inhaber Ihres Sparkassenkontos sein und Ihr Kater Garfield wird niemals als Eigentümer Ihres Hauses im Grundbuch eingetragen. Denn das ist doch klar: Spätestens bei der Erbfolge nach Waldi oder Garfield, würde das Nachlassgericht die weiße Fahne hissen.

 

Tiere können also keine Träger von Rechten und Pflichten sein. Sie sind nicht erbfähig. Das können nur Personen sein. Und davon gibt es natürliche und juristische. Natürliche Personen sind Menschen. Juristische Personen sind Gesellschaften, Vereine, Stiftungen, denen Kraft Gesetzes Rechtsfähigkeit zugesprochen ist. Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Deshalb können solche juristische Personen auch Erben werden oder auf andere Weise Vermögensnachfolger des Verstorbenen werden.

 

  1. Für das Haustier sorgen

Eingetragene Vereine, also auch Tierschutzvereine sind solche juristische Personen. Deshalb wäre ein mögliche Lösung, den örtlichen Tierschutzverein als Erben zu benennen und zwar mit der Auflage, den Dackel Waldi und den Kater Garfield zu hegen und zu pflegen. Nun wären die Tierschutzvereine vielleicht überfordert, wenn sie alle möglichen Erbschaften abwickeln müssten. Deshalb ist es sinnvoller, den Tierschutzverein mit einem Vermächtnis  zu bedenken. Für den Tierschutzverein ist es am einfachsten, wenn er ein Geldvermächtnis erhält mit der Auflage sich um das geliebte Haustier zu kümmern. Denn dann kann der Verein sich um das Haustier kümmern anstatt sich um den Nachlass kümmern zu müssen.

 

Es kann aber auch ganz andere Lösungen geben.

 

Ein ausführliches Beispiel:

Die Witwe Herz hat von ihrem verstorbenen Ehemann nach dem gemeinsamen Besuch des Vogelparks Detmold zum 60. Geburtstag einen jungen Graupapagei (Bruno) geschenkt bekommen, den sie über alles liebt, der sie aber überleben wird, weil er selbst eine Lebenserwartung von ca. 60 Jahren hat. Auch die Nachbarstochter Marie liebt den Papagei und kommt jeden Tag vorbei, um ihm neue Wörter beizubringen. Nach ihrem letzten Arztbesuch weiß Frau Herz, dass sie alles regeln muss, auch für Bruno. Deshalb bespricht sie die Angelegenheit lange und intensiv mit einem Fachanwalt. Unter Berücksichtigung aller denkbaren zukünftigen Entwicklungen ergänzt sie ihr bisheriges Testament wie folgt:

 

„Ich vermache dem Tierschutzverein … e. V. beziehungsweise seinem Rechtsnachfolger 200.000,- € mit der Auflage, wie folgt  meinen Graupapageien Bruno zu versorgen: Solange meine Nachbarstochter Marie … sich um Bruno kümmern möchte, soll sie der Tierschutzverein unterstützen und ihr eine monatliche Aufwandsentschädiung von monatlich 200,- € zahlen. Danach soll Bruno im Vogelpark Detmold oder einer vergleichbaren Einrichtung leben. Auch diese/r erhält eine monatliche Aufwandsentschädigung von 200,- €. Bezüglich dieses Vermächtnisses und zur Kontrolle der Auflagenerfüllung ordne ich Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstrecker soll ein vom Nachlassgericht zu bestimmender Fachanwalt für Erbrecht sein. Die Vergütung des Testamentsvollstreckers richtet sich nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins.“

 

Ort, Datum, Unterschrift

 

Mit einer solchen Regelung kann Frau Herz sicher sein, dass ihr Papagei Bruno gut versorgt wird. Marie kümmert sich um Bruno, solange sie das möchte. Der Tierschutzverein soll sie dabei unterstützen. Danach lebt Bruno in einem Vogelpark mit Artgenossen. Und das alles wird vom Testamentsvollstrecker kontrolliert. Das ist aufgrund der Lebenserwartung von Bruno und der Vermächtnissumme angebracht und passend.

 

  1. Zusammenfassung:

Ihr Haustier kann also nicht Erbe werden, auch kein Vermächtnis erhalten. Sie können aber eine natürliche oder juristische Person einsetzen und mit einer Auflage dafür sorgen, dass es Ihrem Haustier gut geht. Insbesondere bei einer hohen Lebenserwartung des Tieres sind alle denkbaren Szenarien, Absicherungen und Kontrollmöglichkeiten zu bedenken.